28.01.2008

Menschen im Hotel: Pulitzer Amsterdam



Ocean's Twelve gesehen? Und dabei in den (gefilmten) Anblick Amsterdams verliebt? Nun, das schlechtgehütetste Geheimnis um George Clooney, Brad Bitt, Matt Damon & Co: Das Hotel im vornehmen Westen der Stadt, von wo aus die Bande ihren Diebes-Coup landet, ist: Das Pulitzer. Das Amsterdamer Flagship (The Luxury Collection) von Starwood Hotels liegt an der schönen Prinsengracht, am Rande des charmant-verträumten Stadtviertels "Jordaan" - deshalb für die Location gleich vorab schon mal: 5 Punkte!

Das nahezu 30 historische Stadthäuser umfassende Ensemble grenzt rückwärtig an die Keizergracht, und so kann man sich den allzu treffenden Verweis auf das Märchen "Des Kaisers neue Kleider" kaum verkneifen. Wie der in Wahrheit splitternackte Märchen-Kaiser ist nämlich auch dieser - womöglich früher einmal prachtvolle - Hotelpalast mittlerweile bar jeden Glanzes und Pomp.


Wir haben es nun dreimal versucht und wurden als Starwood Preferred Guests mit Gold-Status bestimmt nicht schlechtmöglichst untergebracht: Aber ob "Deluxe"-Zimmer, wie hier die Standardkategorie heißt, oder "Executive" (Rackrate 570 Euro, im Internet nie viel preiswerter als 420) - der Lack ist ab!

Ein Executive-Room, dessen einziges Plus - nämlich der Ausblick auf die Gracht - auch noch mit 30 Euro p.N. extra bezahlt werden muß, ohne jeglichen Flur oder Vorraum vom Gang getrennt, übersät mit häßlichsten Gebrauchsspuren und Abnutzungen, mit lieblosester Dekoration karg möbliert, mit schlecht funktionierenden Vorhängen und Fenstern, mit einem Mini-Bad, ausgeleuchtet mit ca. 25 Watt (alle drei Lämpchen addiert), und als pitoreskem Clou ein Laminatfußboden(!)... Wie gesagt: DAS serviert man hier ausgewiesenen Stammgästen!

Dazu paßt, daß der Kofferträger, den man sich in der Lobby irgendwie selbst zu organisieren hat, so wie in einer großen Bahnhofshalle, das Gepäck VOR dem dafür vorgesehenen Schemel zu Boden krachen läßt mit den Worten "Like your room?". Das gemahnt geradezu an das zynische "Enjoy your meal", mit dem in amerikanischen Diners übelgelaunte Kellnerinnen den Kantinenfraß auf den Tisch knallen.



Luxury Collection? 5 Sterne? Wo leben wir denn? Wir geben diesen Kemenaten 2 Sterne, gerade auch, WEIL wir ganz fantastische Häuser der Luxury Collection kennen oder den Standard der anderen Luxus-Brands von Starwood: Westin und St. Regis.

Symptomatisch, daß das Personal (mit einigen löblichen Ausnahmen, z.B. Barkeeper, Portier) derart unbeseelt zur Sache geht, wie man das im heiteren Amsterdam sonst gar nicht kennt. Vermutlich erwartet der große Starwood-Konzern in dieser Stadt gar keine Hi-End-Touristen oder -Business-Reisenden, für den die Liebesmüh' lohnte?! Und tatsächlich: Das Publikum im Pulitzer ist eher von der Sorte "Mittlerer Westen", die halten vermutlich noch einen 40 Zentimeter langen, sich aufblätternden Riß in der Tapete für "Old-World-Charme".


Andere Top-Konzerne "performen" in Amsterdam übrigens ähnlich unterdurchschnittlich (Ausnahme: Interconti!) oder fehlen gänzlich (Four Seasons, Ritz-Carlton, Hyatt etc.). Einen Steinwurf vom Pulitzer entfernt liegt ein privat geführtes Haus mit ähnlichem "Layout" - eine Phalanx herrlicher historischer Stadthäuser: Das Hotel Ambassade. Gewiß auch nicht immer perfekt gefinisht, aber gediegen, propper und liebevoll bis ins Detail, und mit einer reizenden Staff. Ein Wohlfühlhotel. Ab 190 Euro nicht gerade ein Schnäppchen, aber "des Kaisers neue Kleider" lehren einem, die Ansprüche ein wenig neu auszurichten. Auf also zur Herrengracht!

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